Donnerstag, 4. Juli 2013

Mutterglück im Schweinestall?!

Liebe LeserInnen,

ich hatte ja angekündigt, dass ich Euch auf die Frage "Warum vegan?" einige Antworten geben möchte. Da ich hauptsächlich aus ethischen Gründen aufgehört habe tierische Produkte zu konsumieren, möchte ich auch mit diesen Gründen beginnen. Um es ein bisschen übersichtlicher zu halten, werde ich in jedem Post nur auf eine bestimmte Art "Nutztier" und deren "Zweck" für unsere Gesellschaft eingehen. Ansonsten werden es einfach zu viele Informationen. Ich kann hier leider keine Fußnoten setzen, weshalb Ihr am Ende jedes Posts Quellenangaben finden werdet. Die Bilder, die ich verwende, sind Bilder von (großen) Tierschutzorganisationen, die der nicht-kommerziellen Nutzung zugestimmt haben. 

Beginnen möchte ich mit den Schweinen, weil ich gerade das Buch "Warum wir Hunde lieben, Schweine essen und Kühe anziehen" von Melanie Joy gelesen habe und ich mich an ihrer Reihenfolge orientiere. Wie ich in dem ein oder anderen Post schon erklärte, sind Schweine wahnsinnig feinfühlige und intelligente Tiere. Sie sind eine der wenigen Tierarten, die über ein Ich-Bewusstsein verfügen und sich z.B. auch im Spiegel erkennen. Man geht davon aus, das ihre Intelligenz die eines ca. 3-jährigen Kindes übersteigt. So ist es nicht verwunderlich, dass sie in der Lage sind "Videospiele" mit einem Joystick zu spielen. Dabei haben sie eine mehr als 80%ige Trefferquote. Schon 3 Wochen alte Ferkel lernen ihren Namen und reagieren, sobald man sie ruft. Wenn sie mit Menschen zusammenleben, sind sie anhänglicher als Hunde und bemerken genau, wenn es dir schlecht geht, du fröhlich oder wütend bist. Sie lieben es sich auf die Seite plumpsen zu lassen und ausgiebig am Bauch gekrault zu werden. Genauso sehr lieben sie es zu lernen. Ihre Neugier ist praktisch unerschöpflich und "Neugier ist der Motor, der auch uns neue Dinge lernen lässt." 

Wenn Schweine schlafen möchten, bauen sie sich Schlafkessel, in die sie sich hineinkuscheln. Manchmal guckt dann nur noch der Rüssel raus. Henry nutzt insgesamt 3-4 Decken und polstert sogar die Wände, damit er es bequemer hat. Mit seinem Kopf legt er sich immer auf ein Kopfkissen. Jedes Mal, wenn ich ihn dann betrachte, wird mir klar, wie ähnlich sie uns in ihrem Verhalten sind. Manchmal träumt er vom Essen und fängt an zu schmatzen. Manchmal hat er Alpträume, rennt im Schlaf und wacht dann erschrocken auf. Wir müssen ihn dann beruhigen, ihn wieder ins Bett bringen und zudecken. Mit einem leisen Quietschen sagt er uns, wie wohl er sich fühlt und schlummert im nächsten Moment wieder ganz selig. All das sind Situationen, die wir von unseren klassischen "Haustieren" oder sogar von unseren Kindern kennen. 

Genau wie unsere Mütter, sind Schweinemütter bei dem was sie tun sehr gründlich. Sie bauen teilweise 10 Stunden und länger an dem Nest, indem sie ihre Ferkel bekommen möchten. Sie sind dabei sehr liebevoll und entwickeln einen eigenen "Gesang", an dem ihre Baby´s sie immer erkennen werden. In der Natur leben die Kleinen dann monatelang bei der Mutter bzw. in einer Rotte aus weiblichen Tieren. Sie lernen und streifen mit ihr durch die Wälder, wühlen und spielen ausgelassen. All das sind grundlegende Bedürfnisse, die auch das Hausschwein noch hat. Doch wie sieht ihr Alltag aus?
Eine Sau ist in einem Kreislauf von (meistens) künstlicher Befruchtung, Trächtigkeit und Geburt der Ferkel gefangen. Um möglichst profitable Tiere "zu produzieren", werden zur Zucht die Tiere selektiert, die die besten Futterverwerter sind und über andere Vorteile, wie z.B. eine hohe Fruchtbarkeit und gute Fleischqualität, verfügen. Je früher sie schlachtreif sind(heute mit etwa 110kg), desto besser, da es mehr Geld bedeutet. Und NUR darum geht es! Es geht nicht um das Wohl des Tieres. In der Fleischwirtschaft geht nicht mal um das Wohl des Menschen. Sondern schlicht und einfach nur um Geld.

Während der "Besamungsphase" werden die Sauen einzeln in engen Kastenständen gehalten. Das sind im Grunde nichts anderes als Gefängnisse. Bei Maßen von 0,55–0,70 m Breite und 1,6–1,9 m Länge sind die Tiere nahezu bewegungsunfähig, da ihr Körper selbst nicht viel kleiner ist. In diesem Käfig können sie allenfalls zwei Schritte vor und zurückmachen, Aufstehen und sich niederlegen ist möglich, mehr nicht. Sie sind gezwungen an Ort und Stelle zu koten bzw. zu urinieren, um dann später darin zu liegen. Oft haben sie nicht mal Einstreu. Absolut nicht artgerecht, wenn man bedenkt wie sauber diese Tiere in der Natur sind. Nach der Besamung folgt eine kurze Phase der Gruppenhaltung("Wartestall"). Hier sind Gruppen von 10-20, aber auch bis zu 100 Tieren zusammengepfercht. Anders kann man es nicht nennen, wenn Tieren mit einem Gewicht bis zu 320kg lediglich 2-2,5qm zur Verfügung stehen. In den meisten Fällen haben sie auch hier kein Einstreu und müssen auf den blanken Vollspaltenböden stehen. 

Ca. eine Woche vor der Geburt der Ferkel, wird die hochträchtige Sau in die sog. "Abferkelbucht" gebracht. Die Situation ist diesselbe wie bei der eingangs beschriebenen im Kastenstand. Hier umschließt sie das "Abferkelgitter", das oft beschönigend als "Ferkelschutzkorb" bezeichnet wird. Ihr wird es verwehrt einen natürlichen Kontakt zu den Jungen aufzubauen und sie zu pflegen. Während sie in der Natur so hingebungsvolle Mütter sind, haben sie hier überhaupt keine Möglichkeit dieses Bedürfnis auszuleben. Nach nur 4 Wochen werden die Jungtiere der Mutter weggenommen und sie kommt nicht selten zurück in ihr anderes Gefängnis, den Kastenstand. Oft wird sie bereits schon nach 5 Tagen wieder besamt, ist wieder für ca. 115 Tage trächtig, wird wieder zwischen 10-12 Jungen bekommen und wieder werden ihr diese nach kurzer Zeit weggenommen, ohne dass sie auch nur im Entferntesten mütterliche Gefühle ausleben durfte. Zuchtsauen verbringen den Großteil eines Jahres in Kastenständen und Abferkelbuchten. "Entsorgt" werden die Muttersauen dann, wenn ihre Leistung sinkt, sie also weniger Ferkel gebären. Das ist meistens nach 2-3 Jahren der Fall und die Sauen sind zu diesem Zeitpunkt nicht mal ausgewachsen(mit ca. 2 Jahren sind Schweine gerade mal in der "Pubertät"). Bevor die Wurfleistung sinkt, sterben sie allerdings häufig vorher wegen Krankheiten, Einsamkeit und den grauenvollen "Lebensbedingungen" - der Tod ist in diesem Fall eine Erlösung aus einer Hölle, wie wir sie uns nicht vorstellen können. Es ist eine Behandlung, die selbst die schlimmsten Straftäter in unserer Gesellschaft nicht erfahren müssen. Warum also diese unschuldigen Wesen?! Die folgenden Fotos zeigen sowohl Kastenstände, als auch Abferkelbuchten. 
































Die folgenden Bilder zeigen trächtige Sauen in der vorhin erwähnten Phase der Gruppenhaltung(mit noch verhältnismäßig viel Platz!). Wäre es anders, hätte man dort auch nicht filmen dürfen. Ein Blick in ihre Gesichter reicht, um zu sehen, wie es ihnen geht. Ein Ausdruck purer Verzweiflung. Während sie in der Natur viel aktiver sind, liegen diese Tiere nur apathisch herum. Wie verängstigte Kinder schauen sie durch die Gitterstäbe hervor und fragen sich mit Sicherheit was es "da draußen" noch so gibt. Baldiges Mutterglück sieht anders aus. Kein Einstreu, entsetzliche Langeweile, zum Teil Dunkelheit und das Stunde um Stunde. Sie werden nicht wie Lebewesen behandelt, sondern wie Maschinen. Gebärmaschinen, die wie Zitronen ausgepresst und entsorgt werden, sobald sie sich nicht mehr "rentieren". 









































Auf diesem Video seht ihr nochmals die Gruppenhaltung der Sauen. Die Stille der Tiere ist beängstigend. Glückliche Schweine grunzen ständig leise vor sich hin und erzählen so ihrer Umwelt was sie erlebt haben. Man sieht, dass der Mensch, der dieses Video drehte, bereits eine Abwechslung für sie war. Trotz ihrer miserablen Umstände gehen sie neugierig und freundlich auf ihn zu. Ich finde es furchtbar das zu sehen und gleichzeitig zu wissen, dass die Sauen im Video bereits tot sind und vor allem, dass es gerade in diesem Moment tausendfach geschieht und keiner etwas daran ändert und ihnen hilft. Menschen jammern oft schon, wenn sie mal 30 Minuten beim Arzt warten müssen und langweilen sich. Man male sich aus, wie es den Millionen Tieren aus der Massentierhaltung geht und wie tapfer sie ihr Leid ertragen. Bei uns sind solche Gefühle eine Ausnahme, bei ihnen die Regel. Bei den Muttersauen fängt das Leid an, das irgendwann im Kühlfach beim Discounter nebenan endet.

Hier seht ihr ein Video der Stiftung "4 Pfoten" von Sauen in Kastenständen. Die Aufnahme stammt aus 2011/2012. Ich frage mich welcher Mensch bei diesen Bildern ernsthaft sagen kann "Das ist richtig und muss so sein"??! Man sperre solche Leute nur einen Tag in eine vergleichbare Konstruktion ein und ich bin sicher sie ändern ihre Meinung. Das was ihr auf dem Video seht, ist der Alltag von ca. 2 Millionen Zuchtsauen in Deutschland, die wie am Fließband Nachkommen "produzieren" müssen.

Und hier seht ihr ein Video eines Hausschweins das in naturnaher Umgebung sein Nest baut. 



Dieser Post wurde nun doch ziemlich lang. Daher werde ich an dieser Stelle erstmal unterbrechen. Ich denke es wird deutlich, dass der Horror eben nicht erst im Schlachthof beginnt, sondern vom ersten bis zum letzten Atemzug der ständige Begleiter der Schweine ist. Die weiteren "Stationen", also der Weg von der Geburt bis zum oftmals qualvollen Tod, werden in meinen nächsten Posts zu diesem Thema eine Rolle spielen. Bilder sagen mehr als 1000 Worte, auch wenn das eben Gezeigte noch vergleichsweise "harmlos" ist. Deshalb lasst sie einfach auf Euch wirken und stellt Euch nur eine Frage: Wie würdet Ihr euch in dem eben beschriebenen ausweglosen Kreislauf fühlen? Auch wenn dieses Gedankenspiel absurd ist, da wir glücklicherweise als Mensch und nicht als Schwein geboren wurden: Kramt Eure empathische Seite heraus und versetzt Euch in ihre Lage. Und bedenkt bitte, dass diese Dinge kein Einzelfall sind, auch wenn es gerne so dargestellt wird. Fast 99% des Schweinefleisches in den Läden hat genau hier seinen Ursprung. An einem Ort, der irgendwie eine ganz andere Welt ist, so einsam, trist und grau und voller Entsagungen. Diese armen Kreaturen haben keinen einzigen schönen Moment und werden um alles beraubt, was ein "Leben" lebenswert macht. Sofern man das Endprodukt, also ihr Fleisch, kauft, macht man sich mitschuldig. Wenn du ein "Tierfreund" bist, verschließ nicht deine Augen vor diesem Elend. Die Zustände in der "Bio-Haltung" sind übrigens nur unwesentlich besser. Darüber werde ich aber auch in einem extra Post schreiben. 

Quellen: 
Soylent Network
Albert-Schweitzer-Stiftung
Ariwa
4 Pfoten
Wikipedia
"Warum wir Schweine essen, Hunde lieben und Kühe anziehen" (Melanie Joy)

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